Sätze, die eine trauernde Person nicht hören möchte

Welche Sätze trauernde Personen nicht hören möchten und welche Sie stattdessen sagen können

 

Sie sind zum ersten Mal – oder vielleicht auch schon häufiger – mit dem Thema Tod, Trauer und Schmerz in Berührung gekommen. Möglicherweise, weil Sie selber gerade eine nahestehende Person verloren haben und die/der Trauernde sind. Oder, weil eine Ihnen nahestehende Person selber jemanden verloren hat.

 

In beiden Fällen gibt es natürlich eine Kommunikation zwischen den Trauernden und Freunden, Familie, Arbeitskollegen. Und genau all jene möchten natürlich ihr Beileid aussprechen, Mut machen, helfen, als Stütze da sein.

 

Aber kennen Sie das nicht auch? Da werden Sätze gesagt, die einem einfach nur weh tun. Die in diesem Moment eben so überhaupt nicht hilfreich sind. Die einfach nur Floskeln sind, weil man sie entweder sagt, „weil es sich so gehört“ oder eben, weil man nicht weiß, was man sagen soll. Dabei möchte man doch eigentlich nur Trost geben. Man überlegt durchaus, was man sagen möchte und doch trifft es die Trauernden wie ein Kinnhaken.

 

Damit Ihnen das ab sofort nicht mehr passiert, wenn Sie selber derjenige sind, der kondolieren will, der helfen will, der da sein will, finden Sie hier ein „So bitte nicht“ und auch ein „Mach es besser so“.

 

Ich fange mal mit dem an, was auch mich als trauernde Tochter nach dem Tod meiner Mutter anfangs erreicht hat:

 

Sie/Er war doch schon alt/so lange krank. Du wusstest doch damit, dass das früher oder später passieren wird

Ja, meine Mutter war krank und 80 ist jetzt kein jugendliches Alter mehr. Mein Papa und ich wussten, dass das irgendwann passieren wird. Weil es eben der Lauf der Dinge ist. Und trotzdem war dieser Satz wie ein Schlag in die Magengrube, wenn ich ihn hörte. Mein Vater ist auch nicht ganz gesund, aber wird nächsten Monat 90. Das hätte meine Mama auch verdient gehabt. Krankheit und Alter sind definitiv kein Grund, dass man jetzt und heute sterben muss. Und sind wir doch einmal ganz ehrlich: egal, wie alt, egal, wie krank – wir als näheste Angehörige wollen niemals, dass die geliebte Person stirbt. Egal, wie wahrscheinlich das ist. Egal, ob es vielleicht sogar besser so ist für die verstorbene Person. Die Person hinterlässt nun einmal eine Lücke bei uns. Vielleicht haben wir uns in der letzten Zeit sogar verstärkt um sie gekümmert oder vielleicht auch gepflegt. Auf jeden Fall war diese Zeit anstrengend. Manchmal körperlich, manchmal mental. Diese letzte Zeit war definitiv eines nicht: ein Kinderspiel, wie man es immer so fröhlich nennt.

Aber wie kann man das jetzt besser formulieren?

Ich weiß, dass XYZ fehlt. Ich weiß auch, dass dich die letzte Zeit unheimlich angestrengt hat. Ich fühle mit dir. Und ich wünsche dir für die jetzt kommende Zeit Kraft, Zeit und Raum für dich.

 

Jetzt ist sie/er an einem besseren Ort/im Himmel, wo es ihm/ihr gut geht

Ja, vielleicht. Aber ich bin nicht gläubig im herkömmlichen Sinn. Ich glaube nicht an einen Himmel. Und dass es meiner Mama irgendwo dort, wo sie jetzt ist, besser geht, ist pure Vermutung. Das weiß einfach niemand von uns. Ich weiß, dass dieser Satz trösten soll. Und doch ist er für mich immer ein Geplänkel gewesen. Etwas, was man halt sagt. Etwas, was sich durchaus positiv anhört, aber meinen Schmerz nicht gemindert hat.

Vielleicht wäre die folgende Formulierung besser?

Egal, ob du daran glaubst, dass xyz an einem anderen Ort ist oder nicht, es gibt auf jeden Fall einen Ort, wo xyz immer sein wird und das ist in deinem Herzen und in deinen Erinnerungen. Ihre/seine Liebe zu dir wird immer weiter bestehen. Weil eben du xyz geliebt hast. (Die letzten beiden Sätze über die Liebe nur dann, wenn Sie über das persönliche Verhältnis gut genug Bescheid wissen.)

 

Wenigstens hat sie/er nicht gelitten

Wer sagt das? Wer weiß das? War derjenige dabei, als xyz starb? Das ist eine reine Vermutung und sind wir doch mal ehrlich. Mit Vermutungen hilft man einem Trauernden nicht weiter.

Hier könnte man es ganz einfach dabei belassen:

Niemand weiß es außer xyz. Aber ich wünsche mir für sie/ihn, dass sie/er nicht hat leiden müssen.

 

Die Zeit heilt alle Wunden

Waaaaaaah… was für ein Mist. Die Zeit heilt gar nichts. Egal in wie vielen Jahren reißt ein Lied, eine Bemerkung, ein Kleidungsstück, ein gemeinsam besuchter Ort, eine Erinnerung an irgendwas trotzdem eine riesige Wunde auf, von der wir dachten, dass es sie gar nicht mehr gibt. Auch wenn sie schneller wieder eine ganz dünne Haut bekommt, wie anfangs. Und doch: die Wunden bleiben immer. Weil man diese Person geliebt hat und sie einfach trotzdem vermisst. Egal, wie viel Zeit vergangen ist, der Schmerz bleibt. Wir lernen einfach nur besser damit umzugehen.

Möglicherweise könnte man ja sagen:

Diese Wunden können niemals ganz geschlossen werden. Aber im Laufe der Zeit werden sie nicht mehr ganz so schnell aufgerissen, wie jetzt. Dann hast du schon gelernt, wie du besser mit all diesen Wunden und Narben umgehst, dass sie nicht ständig wieder aufgekratzt werden.

 

Sie/Er hätte nicht gewollt, dass du traurig bist, dich vom Leben zurückziehst, dich gehen lässt, nicht mehr lachst, …

Das mag sein. Meine Mama und auch meine Großeltern hätten sicher niemals gewollt, dass ich ab jetzt nur noch den Kopf hängen lasse und nicht mehr ein schönes, lustiges Leben lebe. Dieser Satz erscheint wahr. Aber trotzdem tut er weh. Weil man eben so schrecklich viel Schmerz in sich trägt und man sich momentan nicht vorstellen kann, dass man wieder lachen kann oder am Leben teilhaben.

Diese Formulierung passt einfach besser:

Xyz hat so viele wunderschöne Zeiten mit dir erlebt, die dich als Erinnerung immer begleiten werden. Ich wünsche dir, dass du diese Erinnerungen als festen Bestandteil deiner Trauer behälst und genügend Kraft findest, wieder zu dir zu finden, während du trauerst.

 

Ich weiß genau, wie du dich fühlst

„Ach, wirklich?“ Das war mein Gedanke immer auf diesen Satz. Keiner von uns empfindet Situationen, Gefühle, Momente, Erinnerungen gleich. NIEMAND. Also kann auch niemand sagen, dass er genau weiß, wie ich mich fühle.

Vielleicht wäre es so besser?

Ich kann mir gut vorstellen, wie es dir geht. Aber wenn du möchtest, darfst du mir gerne von deinem Schmerz erzählen, damit ich verstehen kann, wie es in dir aussieht und was du wirklich fühlst.

 

Du kannst mich jederzeit anrufen

Das sagt man so unglaublich schnell dahin. Aber was ist denn, wenn mich nachts um drei eine Trauerwelle so niederstreckt, dass ich einfach einen Menschen zum Reden bräuchte? Meint die Person, die diesen Satz gesagt hat, wirklich, dass sie nachts um drei wirklich das Telefon hört und dann auch noch schlaftrunken rangeht und in Sekunden wach ist, um meine Trauerwelle aufzuhalten? Das mag möglicherweise bei einer Person von 50 der Fall sein. Für alle andren gilt doch viel eher „Zwischen 8 und 20 Uhr kannst du mich jederzeit anrufen. Außer ich bin gerade in der Arbeit, beim Einkaufen, beim Kochen, auf der Couch, beim Sport, im Bett, beim Kuscheln, oder oder oder.“

Dabei wäre doch folgender Vorschlag so viel besser:

Darf ich dich häufiger/alle drei Tage/einmal in der Woche anrufen, um zu fragen, wie es dir geht und wie du dich fühlst oder ob du jemanden zum Reden oder Zuhören brauchst oder einfach, um gemeinsam zu Schweigen? Du darfst mir jederzeit ehrlich sagen „Lass mich heute einfach in Ruhe.“, denn ich kann nicht wissen, wann es für dich passt.

 

Du musst nun stark sein/Ich finde es einfach unglaublich toll, wie stark du doch bist

Bitte, warum? Warum soll oder muss man stark sein? Trauer bedeutet auch zu Weinen oder Schmerz zu empfinden. Das soll man einfach so runterschlucken und so tun, als wäre nichts? Als hätte man nicht eine Person verloren, die einem doch so unendlich fehlt. Vielfach mag es vielleicht so aussehen, dass man stark ist, und doch versucht man als trauernde Person einfach nur zu funktionieren.

Stattdessen wäre folgende Antwort vielleicht passender:

Ich wünsche dir für dich, dass du deinen eigenen Weg für deine Trauer findest und dir auch traust, diesen zu gehen.

 

Trauerst du vielleicht immer noch?

Meine Mama hat bis zuletzt ihre Mama vermisst, die 1997 verstorben ist. Trauer ist nicht an Zeiten gebunden. Auch wenn es früher einmal das Trauerjahr gab. Trauer hört nicht einfach nach einem Jahr auf. Nur, weil andere das erwarten. Trauer ist einfach zeitlos. Da gibt es Menschen, die nur ein paar wenige Monate trauern und andere, die jahrelang den Schmerz in sich tragen. Daran ist definitiv nichts falsch. Daran arbeiten sollte man als trauernde Person erst, wenn man feststellt, dass das Leben auch nach einer längeren Zeit noch nicht wieder machbar ist. Alles andere ist einfach ok.

Wahrscheinlich wäre hier besser:

Ich zitiere jetzt den Spruch von Alfred Tetzlaff: „Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten.“

 

Du bist ja noch jung und findest bestimmt wieder einen neuen Partner/Du bist ja noch jung und kannst wieder ein Kind kriegen

Moment mal, die trauernde Person hat gerade das Wichtigste verloren und da soll man an die Zukunft denken? Sicher meint man es gut und trotzdem ist das für die trauernde Person nicht einmal vorstellbar. Niemals.

Vielleicht sollte man stattdessen:

Einfach diesen Satz streichen. Denn niemand hat den die Person mit diesem Satz um eine Lösung für die aktuelle Situation gebeten. Und erst recht nicht die trauernde Person. „Gute Ratschläge“ sind in diesem Fall einfach fehl am Platz.

 

Sei froh, dass ihr so lange zusammen sein konntet

Meine Eltern waren jetzt 60 Jahre zusammen. Eine lange Zeit. Und trotzdem hätte sich mein Vater noch das eine oder andre Jahr mit meiner Mutter gewünscht. Er vermisst sie und sie fehlt ihm unheimlich. Wie nannte er es unmittelbar nach ihrem Tod? „Ein Stück meines Lebens ist von mir gegangen.“

Diese Formulierung wäre sicher glücklicher gewählt:

Ich weiß, dass ihr viele Jahre zusammen hattet und ich hätte euch noch viele weitere Jahre gegönnt.

 

Das Leben geht weiter

Ja klar, das Leben geht weiter. Aber nicht mehr so, wie es war. Es wird nie mehr so sein, wie es war. Alle Pläne, Träume, Hoffnungen wurden in Sekunden über den Haufen geschmissen.

Vielleicht könnte man es ja so formulieren:

Ich weiß, dass das Leben nicht mehr so ist, wie es davor war. Aber ich wünsche dir, dass es erträglicher wird im Laufe der Zeit.

 

Wie geht es dir?

Dieser Satz rutscht ganz häufig auch ohne Trauer einfach so raus. Wollen wir wirklich eine ehrliche Antwort? Hier macht der Ton eindeutig die Musik. Aber ich weiß, dass es speziell im Trauerfall häufig einfach mal so dahingesagt wird – gerade von Personen, die nicht zum nahen Familien- oder Freundeskreis gehören. Nicht selten werden Sie als Antwort entweder ein „Gut.“ oder eben keine Antwort erhalten. Können Sie denn wirklich damit umgehen, wenn detaillierte Antworten kommen?

Was wäre besser?

Diese Frage sollte bitte ausschließlich gestellt werden, wenn man ernsthaft an der Antwort interessiert ist und bereit ist, die entsprechende Zeit zu investieren und genauso akzeptiert, dass die Person sagt „Mir ist jetzt nicht danach.“

Besser ist die Frage „Darf ich dich fragen, wie es dir geht?“ Hier muss aber auch ein „Nein.“ ohne Nachfrage akzeptiert werden.  Möglich ist auch ein „Wie fühlst du dich heute?“

 

Herzliches Beileid/Mein Beileid

Wirklich? Sie leiden mit? Warum? Sind Sie wirklich sicher? Beide Varianten sind einfach ganz herrliche Floskeln. Wenn überhaupt, dann doch bitte „Aufrichtige Anteilnahme.“

Besser könnte allerdings sein:

Mein ehrliches Mitgefühl. Oder: Es tut mir so leid. Vielleicht aber auch ein: Ich weiß grad gar nicht, was ich sagen soll.

 

Es ist Gottes Wille

Sorry, das mag sein, dass die Person, die diesen Satz gerade so ausspricht, gläubig ist und davon überzeugt. Aber was ist denn, wenn ich überhaupt nicht an Gott glaube? Und warum soll außerdem ein Gott darüber entscheiden (sein Wille), was mit einem Menschen passiert? Das ist höchste Willkür in den Augen einer nicht gläubigen Person. Außerdem sitzt der Schmerz viel zu tief und niemand möchte eine Person verlieren, die einem nah ist. Egal, wann, egal, wie.

Besser ist folgendes:

Einfach den Mund halten und seine christliche Überzeugung für sich behalten.

 

Wie ist sie/er denn genau gestorben? Was ist denn passiert?

Ganz ehrlich? Wenn ich davon reden möchte als Trauernde, dann tue ich das. Wenn nicht, dann geht es andere Menschen nichts an. Wenn jemand an einem Herzinfarkt ganz schnell verstorben ist oder einfach auf Grund seines Alters, dann mag das vielleicht nichts Außergewöhnliches sein. Aber was ist denn, wenn sie/er sich selber umgebracht hat? Einen gewaltsamen Tod gestorben ist? Damit muss ich als trauernde Person doch selber erst einmal umgehen können. Da will ich nicht dauernd darüber reden müssen und es wieder und wieder erzählen. Da will ich nicht ständig diese Bilder im Kopf haben.

Daher wäre dieser Satz besser:

Wenn du mir irgendwann davon erzählen möchtest, wie xyz gestorben ist, dann werde ich dir aufmerksam zuhören. Bis dahin wünsche ich dir, dass du die Kraft findest, damit umzugehen.

 

Ein paar generelle Tipps von mir

 

Was spricht denn eigentlich dagegen auch einfach zuzugeben, dass man gerade selber sprachlos ist und keine Worte findet? Und eben nicht stattdessen verzweifelt irgendwelche platten Sprüche aus dem Internet sucht.

 

Dabei gibt es doch so viele Möglichkeiten einem trauernden Menschen zu zeigen, dass man für ihn da ist. Dass man an ihn denkt. Dass man mitfühlt. Was halten Sie denn von folgenden Vorschlägen?

 

  • Zeigen Sie, dass Sie Anteil nehmen. Schreiben Sie persönliche Post z. B. mit persönlichen Erinnerungen an die verstorbene Person.
  • Reden Sie über den Verstorbenen. Schweigen Sie sie/ihn nicht tot. Erzählen Sie von der Person.
  • Respektieren Sie einfach den Weg, wie derjenige trauert. Egal, ob sich die Person wild in die Arbeit stürzt oder ob sie nur noch auf der Couch abhängt.
  • Fragen Sie, ob man heute Abend einfach mal vorbeikommen soll oder ob man vom Einkaufen etwas mitbringen soll oder etwas zu Essen vorbeibringen darf.
  • Bieten Sie doch einfach einmal an für die trauernde Person zu kochen.
  • Verhalten Sie sich einfach völlig normal. Lachen Sie, wenn Ihnen danach ist und verlangen Sie nicht, dass die trauernde Person es ebenfalls tun muss.
  • Schenken Sie einfach einmal ein paar Blumen. Einfach so.
  • Nehmen Sie vielleicht Kontakt zu den Nachbarn oder näher wohnenden Freunden auf, damit diese ab und an einfach vorbeigehen und fragen, ob man etwas für die trauernde Person tun kann oder ein Auge auf das Haustier zu werfen oder kleine Alltagstätigkeiten zu übernehmen.
  • Helfen Sie bei den ganzen Formularen oder gießen Sie Blumen, mähen Sie den Rasen, waschen Sie ab oder ähnliches.
  • Begleiten Sie die trauernde Person auf den Friedhof, wenn sie das möchte. Oder bieten Sie derjenigen das einfach an. Gemeinsam trägt sich vieles leichter.
  • Achten Sie auf jeden Fall auf einen regelmäßigen Kontakt. Viele Menschen in Trauersituationen sind trotz allem froh, einen festen Termin im Kalender stehen zu haben. Und wenn es sich nur um einen Termin für einen schweigenden Spaziergang handelt.
  • Ziehen Sie sich bitte nicht dauerhaft zurück, wenn alle Angebote Ihrerseits nicht angenommen werden. Irgendwann ist es Zeit dafür.
  • Packen Sie die trauernde Person nicht in Watte, sondern gehen Sie völlig normal mit ihr um.

 

Und mein ganz persönlicher Tipp lautet: Überlegen Sie sich einfach, was der Satz, den Sie jetzt normalerweise sagen würden, bei der trauernden Person auslöst oder auslösen könnte. Ob er schmerzt, ob er einfach nur floskelhaft ist oder ob Sie wirklich empathisch sind. Lieber weniger, aber ehrlich und von Herzen.

 

Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen diese Formulierungsvorschläge helfen, wenn Sie wieder einmal einem Trauernden gegenüberstehen und etwas sagen wollen.

 

Ihre

Michaela Burch

 

(Copyright Michaela Burch, die Grabrednerin, 2022)

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