Darf eine Trauerfeier auch anders sein?

Muss eine Trauerfeier eigentlich traurig sein?

Wer sagt eigentlich, dass eine Trauerfeier, Lebensfeier oder Beerdigung traurig sein muss? Dass man das so oder anders nicht machen kann?

Ich weiß, häufig denken sich die Angehörigen “Was sagen denn nur die Trauergäste oder die Nachbarn? Ich kann doch nicht zum Gespött werden.”

Aber es geht in keinem Fall darum, dass man “zum Gespött wird”. Es geht vielmehr darum, dass die Trauerfeier genau zu der verstorbenen Person passen sollte. Und wenn diese ein lustiger Mensch war und gerne gefeiert hat, dann darf man das auch am letzten Lebensfest sehen. Glitzer und Konfetti dürfen sein, wenn es gepasst hat. Genauso wie Luftballons oder der Abschiedssekt am Grab.

Ein Beispiel einer passenden, nicht traurigen Trauerrede

Im Januar 2023 wurde ich wegen einer Trauerfeier von der Tochter der Verstorbenen beauftragt. Wir saßen lange zusammen und unterhielten uns über ihre Mutter. Es wurde gemeinsam gelacht und an der einen oder anderen Stelle flossen auch ein paar Tränen. Das ist alles vollkommen in Ordnung so, denn wann bitte, spricht man so lange mit einem fremden Menschen über jemanden, den man geliebt hat? Und besonders, wenn diese Person auch noch ganz gezielte Fragen stellt.

Im Fall der Verstorbenen erzählte mir die Tochter, dass ihre Mutter eine lebensbejahende, lebenslustige Person war, die unheimlich gern ins Kino ging mit ihr und natürlich immer als erstes eine Tüte Popcorn haben wollte. Auch wenn sie dann als erstes immer sagte “Wer das nur immer alles essen soll?” und sich nach dem Film wunderte, dass ihre Tüte komplett leergegessen war. Sie liebte halt Popcorn. Genauso wie Schokolade und Kuchen oder Salzstangen. Am Abend beim Fernsehen vertilgte sie ohne Probleme eine Packung Salzstangen. Aber nur die vom Penny. Alle andren schmeckten ihr einfach nicht.

Sie liebte Royalblau und alles was, Glanz und Glitzer hatte. Früher fand man sie mit ihrem Mann auf jeder Tanzveranstaltung Münchens und auf jedem Faschingsball. Natürlich nur in selbstgenähten Kleidern. Und wenn sie jetzt in den letzten Jahren Max Greger hörte, dann tanzte sie im Sitzen mit.

 

Nachdem ihre Tochter und ihr Schwiegersohn ihr zum fünfzigsten Geburtstag Fahrstunden und ein Auto schenkten, fand man die Verstorbene natürlich auch immer auf den Straßen. Und wenn man dann sagte “Vorsicht, da läuft jemand über die Straße.”, dann bekam man gern ein „Dann muass sie sich hoid schicka, die oide Hutscha.“ als Antwort. Sie war eine fantastische Mutter und Oma. Auch wenn sie ihren Enkeln nicht unbedingt immer eine Freude machte, wenn sie wieder helfen wollte. So besaß der Enkel ein Designer-T-Shirt mit Löchern, das hat sie genäht, damit er es wieder anziehen kann. Und die Enkelin besaß eine Hose mit Falten, die hat sie rausgebügelt, nur dass man die Hose jetzt nicht mehr anziehen konnte.. 

Die Verstorbene liebte bayrische Krimis und die Eberhofer-Krimis waren einfach ein Muss im Kino. Sie lachte doch sowieso so gerne. Und bei den Filmen klappt das ohne Probleme. (Ok, das war jetzt ganz schön viel Werbung für die Eberhofer-Krimis. Aber so ist das halt, wenn man auch noch in der Nähe des “weltberühmten” Eberhofer-Kreisels lebt.) Obwohl sie bereits 91 Jahre alt war als sie starb, sagte sie häufig „Vom Ausweis her bin i vielleicht oid, aber ned vom Hirn her.“. Ok, “geringfügig über 18”, wie ihre Tochter dann immer sagte.

Im Gespräch merkte ich, wie viel die verstorbene Mutter ihrer Tochter bedeutet hat. Dass sie einfach außergewöhnlich gewesen war und jeder sie kannte. Dass sie allerdings auch darauf stolz war, dass es so war. Sich zu präsentieren hatte ihr nämlich zeitlebens gefallen.

Das habe ich jetzt aus all diesen Informationen in der Trauerrede gemacht

Irgendwie war mir klar, dass Popcorn und eine Kinoveranstaltung auch bei ihrem letzten Lebensfest zu der Verstorbenen gehören.

Und so schrieb ich eine Lebensrede, die mit einem Besuch im Kino startete, selbstverständlich mit der obligatorischen Tüte Popcorn und ganz viel Werbung. Dies war mein Mantel, in den ich die Verstorbene kleidete.

Ich hatte selbstverständlich richtiges Kino-Popcorn und die passenden Behälter besorgt und stellte die gefüllten Popcornbecher vor der Trauerfeier auf jeden Sitzplatz, als noch außer mir und dem Friedhofsmitarbeiter niemand in der Aussegnungshalle war. Irgendwann ging die Tür auf und die Tochter kam herein. Ihr Blick fiel natürlich auf die Popcornbecher – schließlich roch man das Popcorn ja auch – und sie sagte nur zum Friedhofsmitarbeiter “Was habt ihr denn da vor?” und er meinte nur “Wir waren das nicht. Das ist von der Trauerrednerin.”. Sie schaute mich an und meinte auf einmal “Kino. Gell?”. Und ich nickte. Mehr konnte sie sich aber nicht vorstellen.

Ich sprach in meiner Rede von Premieren in Kinos und in diesem Fall von einer Dernière, denn ich begann folgendermaßen: “Darf ich Sie heute zu einer Premiere einladen? Ja, es ist definitiv eine Premiere, dass es auf diesem Friedhof Popcorn für alle Gäste gibt. Es ist auch eine Premiere, dass bei der heutigen Film-Premiere die wichtigste Person nicht wirklich bei uns sitzt, so, wie sie es sonst so gerne getan hat und sich ein wenig im Glanze gesonnt hat, sondern wir lediglich ein Foto der Hauptdarstellerin hier vorne sehen. Aber wenn wir ganz ehrlich sind, dann ist das heute auch gar keine Premiere, sondern eine Dernière. Und eine Dernière ist die letzte Aufführung eines Filmes, eines Stückes oder etwas in der Art. Heute ist die letzte Aufführung des großen Films von A.. Und genau deswegen sitzen wir heute alle in dieser Aussegnungshalle mit Popcorn in der Hand und unterhalten uns über den Film ihres Lebens.”

Am Ende der Rede sagte ich “Sie kennen das sicher von guten Filmpremieren. Und bei einer Dernière ist das nicht anders. Wenn Ihnen gefallen hat, was Sie auf einer Leinwand gesehen haben, wenn die Hauptdarsteller einfach nur toll waren, wenn der Film so war, dass Sie sagen „Wow“, dann steht man doch meistens auf und applaudiert den Hauptdarstellern. Und genau deswegen bitte ich Sie jetzt aufzustehen und für A. zu klatschen. Denn das hat sie definitiv verdient.” Alle Gäste standen auf, gingen vor zur Urne und klatschten minutenlang. Nach einem letzten Lied verließen wir mit der Urne die Aussegnungshalle und setzten sie bei.

 

Genau so etwas möchte ich auch

Sie können sich für sich selber oder für einen lieben Menschen genau so eine Trauerfeier ebenfalls vorstellen?

Es darf auch gelacht werden und danach jeder sagen “Genau so und nicht anders war XYZ.”?

Dann bin ich vielleicht die richtige Trauerrednerin für Sie. Lassen Sie uns doch einfach einmal darüber reden.

Das Leben einer verstorbenen Person war niemals nur traurig, nur schwarz oder grau. Eher gab es viele (manchmal leider auch nur wenige) fröhliche Zeiten, wo man lachte und lebte. Wo man der Welt zeigte, wer man ist. Und eben auch wie man ist. Und genau so darf auch dieses letzte Lebensfest sein. Bunt. Fröhlich. Mit Humor. Mit Ecken und Kanten. Mit schönen und mit nicht so schönen Momenten. Passend zum Menschen eben.

Und wenn Sie jetzt Glitzer oder Konfetti ins Grab streuen wollen, dann ist das genauso passend, wie am Grab noch Plätzchen zu essen oder einen Schnaps zu trinken. Es muss genau zu zwei Menschen passen. Zur/zum Verstorbenen und zu Ihnen. Egal, was andere sagen oder denken. Lassen Sie uns gemeinsam die alten Zöpfe der Beerdigungsvorstellungen abschneiden und schicke, modische Frisuren tragen.

Meine Meinung: Das Leben war bunt und so darf auch der Abschied sein!

Wenn auch Sie der Meinung sind, dass man das Leben noch einmal so richtig beim Abschied, der Trauerfeier, im Rahmen der Trauerrede, Abschiedsrede, Lebensrede, feiern darf, dann sollten wir uns wirklich kennenlernen.

 

 

Ihre

Michaela Burch

Nach oben scrollen